Donnerstag, 29. Januar 2015

HEUTE/TODAY FILM Out Of Society

Do.29.1.19.30

FILM: Out of Society

Deutschland/Serbien 2013 



Regie: Nancy Brandt 



Out of Society
Film über Wehrmachtsdeserteur Emil Richter und 
 US-Deserteur André Shepherd

Dokumentation, 78 Minuten, Deutschland 2014, HFF, dreisprachig mit deutschen Untertiteln

Rudi Friedrich von Connection e.V.

http://www.connection-ev.de/ ) wird über die aktuelle Lage von Andrés Asylantrag berichten

Emil Richter, Jahrgang 1914, flieht aus der deutschen Wehrmacht und gelangt auf Irrwegen bis nach Serbien, wo er sich sieben Jahre lang vor der deutschen Armee verstecken wird. André Shepherd, Jahrgang 1977, flieht aus der US-Armee, lebt 19 Monate in Bayern im Untergrund und beantragt schließlich als erster US-Soldat in Deutschland Asyl. "Ich wollte diesen Film unbedingt realisieren", so die Filmemacherin Nancy Brandt. "Die beiden Schicksale und der Mut meiner beiden Protagonisten, zu desertieren und damit diesen großen Schritt ins Ungewisse in Kauf zu nehmen, hat mich sehr beeindruckt. Für mich sind die beiden Helden, die zutiefst menschlich gehandelt haben."



Was haben Emil Richter und André Shepherd gemeinsam? Ein Film der 34-jährigen Filmemacherin Nancy Brandt greift die Geschichten der beiden Deserteure in einem Dokumentarfilm auf. Premiere des Films war am 15. November 2013 auf dem Kasseler Dokumentarfestival.
Der 1914 geborene Emil Richter war einer der Ersten, der nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht durch die Nationalsozialisten im Deutschen Reich bereits 1936 einberufen wurde. Im Militär eckte er immer wieder an und wurde schließlich zu einer Festungshaft von 13 Monaten verurteilt. Nach der erfolgreichen Flucht schlug er sich über Jahre durch und gelangte schließlich in den Ort Aleksandrovac in Serbien, wo ihn die Dorfbevölkerung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges versteckte. Während der Besatzung der Wehrmacht hielt das Dorf die schützende Hand über ihn, obwohl er sich weigerte, zu den Partisanen zu gehen. Nach dem Krieg kehrte er nach Deutschland zurück.
André Shepherd desertierte 2007 aus der US-Armee, weil er sich weigerte, erneut in den Irakkrieg zu ziehen. Nach einem mehrmonatigen Einsatz im Irak 2004 hatte er begonnen, sich über die Hintergründe des Krieges und die Kriegführung zu informieren. Mit der Wartung der Apache-Hubschrauber war er maßgeblich daran beteiligt, dass diese im Krieg auch eingesetzt werden konnten. Er kam aufgrund seiner Recherchen zu dem Schluss, dass der Irakkrieg, wie auch der Krieg in Afghanistan völkerrechtswidrig ist und er sich daher nicht weiter daran beteiligen kann. Im November 2008 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, der gegenwärtig beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist.
Im Film ist zu spüren, dass Nancy Brandt ausführliche und persönliche Gespräche mit beiden Protagonisten führen konnte. Mit Emil Richter reiste sie nach Aleksandrovac, sprach mit den Dorfbewohnern, die sich noch gut an den jungen Deutschen erinnern konnten, der damals über Jahre in ihrem Dorf lebte. Emil Richter wurde dort freudig begrüßt, nachdem er über Jahrzehnte nicht mehr nach Serbien gefahren war: Ein Wiedersehen, das viele Einblicke in das damalige Geschehen bietet. Emil Richter starb wenige Monate nach den Filmaufnahmen in Berlin.
André Shepherds Asylantrag ist immer noch anhängig. Der Film begleitet ihn an den Ort, an dem er sich nach seiner Flucht aus dem Militär über Monate versteckte. Er zeigt, welche Verluste Desertion und Asylantrag nach sich ziehen: Er wird nicht mehr in die USA reisen können, er kann nicht einfach seine Familie besuchen - und nach wie vor ist offen, wie das Asylverfahren letztlich ausgeht. Es ist eine jahrelange Ungewissheit, die an den Nerven zehrt, auch wenn die Entscheidung zur Desertion nicht in Frage steht.
Der Film vergleicht nicht, er wertet nicht – der Film stellt beide Geschichten, so unterschiedlich sie auch sind, nebeneinander. Es gelingt Nancy Brandt, sehr persönliche Porträts zu zeichnen, die auch das Gemeinsame deutlich machen: Desertion ist ein Schritt ins Ungewisse. Aber es ist die Gewissheit damit verbunden, nicht wieder für Militär und Herrschende kämpfen und töten zu wollen. Bei Emil Richter und André Shepherd ist auch zu sehen, dass eine erfolgreiche Desertion nur mit Unterstützung möglich ist. Der Film besticht durch seine einfühlsame Art, die Personen zu zeigen, mit ihren Überzeugungen, Handlungen, aber auch Zweifeln und Ängsten. Was bleibt ist: Die persönliche Entscheidung gegen das Militär gibt auch Kraft, gegen alle Vorurteile und Diffamierungen.


Rudi Friedrich: Out of Society - Ein Filmporträt höchst unterschiedlicher Deserteure. 12.12.2013
Out of Society, HFF München, 2013, 78 min., Trailer unterwww.nancybrandt-film.de. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2014.
What would it mean to venture out of society? To oppose a system clearly more powerful than yourself? To take that decision with full consciousness and conviction, knowing that there is no way back to a "normal life"? 
Two stories, separated by almost seven decades, are connected by the same plight. 
Emil Richter (1914-2009) escaped from the German Wehrmacht and inadvertently ends up in Serbia, where he hides from the German army for seven years. André Shepherd (b.1977) escapes from the U.S. military, goes underground for 19 months in a small Bavarian village, then applies for asylum in Germany. 

What has actually changed since 1945?